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Autoterm – Heizungsausfall – Was tun? – Keine Verbindung möglich

Unseren ersten Ski-Urlaub im Wohnmobil hatten wir uns etwas anders vorgestellt und statt kaltem Hefeweizen unter der Markise gab es Temperaturen um die 0 Grad, Regen und schlechte Pistenverhältnisse. Nach 4 Tagen dann der Supergau: Die Autoterm-Heizung meldet am Display: “Keine Verbindung” und bei Minus 5 Grad in der Nacht nutzt auch Kuscheln nicht mehr viel. Zum Glück ist es die letzte Nacht, aber am Morgen die klammen Klamotten einpacken ist auch kein Spaß.

Wir schaffen es dann schließlich doch und auf dem Weg aus Südtirol Richtung Innsbruck wird es immer wärmer, und die nächste Kaltfront mit Regen droht. Heimfahren ist keine Option, also durchwühle ich das Internet auf der Suche nach Hilfe.

Mittlerweile ist klar, dass entweder die Bedieneinheit defekt, oder irgendwas kabeltechnisch für die Fehlermeldung “Keine Verbindung möglich” verantwortlich ist. Darum werde ich mich in aller Ruhe daheim kümmern. Aktuell geht es darum, den Urlaub nicht abbrechen zu müssen.

Frage ist daher: Wie bekomme ich eine Autoterm-Heizung trotz Fehlermeldung ans Laufen? Die Antwort wird mir von Experten aus dem Wohnmobil-Ausbau-Forum geliefert: Die Grundheizung selbst kann durch das Verbinden zweier Kabel direkt an der Autoterm-Heizung gestartet werden. Die Kabel baumeln da einfach rum und sind durch Schrumpfschläuche vor ungewolltem Kontakt geschützt. Das rettet mir den Urlaub.

Wie ich dem eigentlichen Fehler auf den Grund gekommen bis und wie ich aus den beiden Drähten eine funktionale Notsteuerung gebaut habe, darüber berichte ich von daheim.

Exkurs 2: Gasexplosion Alde 3020 HE

Vorab: Die Alde-Gasheizung 3020 HE war bis zum 9. Dezember 2019 eigentlich der ruhende Pol in all dem Stress und Theater, den wir bislang auf unser damals schon 10 Monate andauenden Tour durch Europa, die Türkei und den Kaukasus neben all den schönen Momenten erleben mussten und durften. Die Heizung war und ist immer noch das beste an der Nordstar Camp 8S SE.

Am 9. Dezember 2019 hatten wir mit unserer Nordstar-Kabine Camp 8S SE an einem winzigen Fischerhafen an der Schwarzmeer-Küste kurz vor Boutumi einen wundervollen Stellplatz gefunden, als gegen 7 Uhr in der Früh der Feind das Feuer auf uns eröffnete.

Ich hielt die beiden ungeheuren Explosionen inklusive Druckwelle zuerst für Polenböller, die Jugendliche unter unser Auto geworfen hatten. Die Möglichkeit, dass man auf uns schoss mit Leuchtgranaten konnte ich auch nicht ausschließen. Erst der Rundgang um unser Auto brachte angesichts des fehlenden Deckels des Abgas-Kamins der ALDE 3020 erschreckende Erkenntnis: Es hatte eine Gasexplosion gegeben. Diese hatte den Deckel des Kamins zerbrochen.

Für mich war klar, dass das etwas mit dem LPG-Gas in Georgien zu tun haben musste, denn beide Flaschen waren frisch gefüllt. Das Gas wird zwar gefiltert, aber ob das ausreicht? Wie auch immer: Die Heizung verweigerte seitdem ihren Dienst und funktionierte nur noch im Elektro-Betrieb. Also waren Stellplätze mit Strom oder günstige Nachttemperatur-Prognosen unsere Wegweiser auf den rund 7000 Kilometern von Tiflis bis nach Tanger.

In Thessaloniki erhofften wir uns Hilfe vom legendären Camperstop. Hier wurden wir allerdings nur von einem recht arroganten Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass er von ALDE eigentlich keine Ahnung habe und ich es mal mit ordentlichem Gas versuchen sollte.

Einen möglichen Grund für unseren Urlaubs-Supergau sollte erst der Wohnmobil-Experte Wolfgang Müller analysieren.

Irgendwann erreichen wir den Camperpark bei Torrox, auf dem auffallend viele Morellos überwinterten. An einem dieser Luxusliner schraubte mein Nachbar herum und holte nach einem Tag mit dem Kopf in den Innereien des riesigen Wohnmobils eine ALDE 3020 hervor, deren Kessel aus irgendwelchen Gründen undicht geworden war. Wir kommen ins Gespräch und Wolfgang outet sich als Experte für Wohnmobilheizungen.

Schon nach meinem Bericht vermutet: “Das lag nicht unbedingt am Gas!” Er schaut sich meine Heizung an und stellt fest: “Der Kamin muss eigentlich in gerader Linie und ständig aufsteigend nach außen geführt werden!” Bei mir hatte der viel zu lange Schlauch für eine Art Syphon gesorgt und in der Ausbuchtung musste sich Kondenswasser gestaut haben. Ob nun ein verstopfter Kamine oder schlechtes Gas der Auslöser war – schwer festzustellen im Nachhinein.

jens Heinrich vom Wohnkabinencenter ist sehr interessiert am Thema und recherchiert von Deutschland aus, spricht mit Alde und den Leuten von Karosser in Schweden: “Die Ursache für die Verpuffung in der Alde Heizung wird von Alde selber auf eine Ansammlung von Additiven bzw. Ölen im Gas zurückgeführt. Durch eine intensive Nutzung der Kabine auch in Regionen mit weniger sauberem Gas kann es sein, dass trotz vorgeschalteter Gasfilter etwas durchgeht”.

Und weiter: “Die Sackbildung im Abgasrohr wird vermutlich ihr übriges zu der Situation beigetragen haben. Dort haben sich Ablagerungen dieser Bestandteile bilden können. Ob das Rohr nun durch die dauernden Erschütterungen auf den vielfach sehr schlechten Pisten oder durch den “Umfall” (Unfall mit Umkippen) in der Mitte durchgesackt ist, wird sich nicht mehr abschließend klären lassen. In jedem Fall hat sich Nordstar der Sache angenommen und prüft derzeit eine solidere Befestigung und Verlegung des Abgasrohrs.”

Wissen allein bringt eine explodierte Gasheizung aber nicht wieder auf den Weg zurück ins Leben, zudem mit der nicht automatisch anlaufenden Umwälzpumpe ein zweites Problem zu lösen ist. Diese hatte ich vermutlich bei meinen laienhaften Reparaturversuchen inkl. 350-Euro-Platine “gekillt”.

Wolfgang öffnet den Revisionsdeckel der Alde 3020, entfernt den Lüfter und hat den “Täter” gefunden: Lüfterdeckel ist verbogen, die Heizung zieht Fremdluft und der Lüfter läuft unrund. Zum Glück hat Wolfgang einen Lüfter dabei und wir staunen nicht schlecht, als die Alde 3020 beim ersten Versuch Gas annimmt und schnurrt wie ein Kätzchen. Selbst die Pumpe bringt Wolfang nach einer durchgegoogelten Nacht wieder in Schwung. Ich hatte nichts kaputt gemacht. Durch das Kontrollieren der Platine und den Wiedereinbau hatte sich das System resettet und ich hatte in den Grundeinstellungen schlicht die Pumpe nicht aktiviert.

“Die machst du aber erst an, wenn der Schlauch ordentlich verlegt ist” – spricht’s und drückt mir eine Eisensäge in die Hand. Ich entferne über eine Meter an überflüssigem Material und verlege das Rohr vorschriftsgemäß. In den abgeschnittenen Teilstücken entdecke ich die Zeugen der Explosion, die das innere Metallrohr quasi aufgedröselt und dann endgültig verstopft hatten.

Haben Sie ähnliche Erfahrungen mit der Alde 3020 oder mit Gasexplosionen an anderen Geräten? Es wäre schön, wenn hier etwas zusammengetragen würde, denn solche Explosionen können auch mal bös’ ins Auge gehen.

Der TÜV Nord definiert eine vorschriftsmäßige Verlegung des Abgasrohres wie folgt:

“Die Abgasführung der Gasheizung muss unbedingt auf ihrer ganzen Länge steigend und mit mehreren Schellen und nötigenfalls mit Abgasrohrstütze festmontiert verlegt sein. Das Abgasrohr muss sowohl an der Heizung wie am Kamin dicht und fest angeschlossen sein und darf keine Beschädigungen aufweisen. “

Übrigens: Der Wohnmobilhändler muss die zuverlässige Verlegung der Abgasrohre nicht im gelben Prüfbericht bescheinigen, sondern darf sich auf die Hersteller-Bescheinigungen verlassen. Hier wird also im einzelnen nach Auslieferung eines Neufahrzeuges nicht geprüft, ob die Anlage ordnungsgemäß montiert ist oder nicht. Das birgt schon ein gewisses Risiko, insbesondere wenn zu Veränderungen im Produktionsprozess kommt.

Erst die Wiederholungsprüfung erfordert nach zwei Jahren eine intensive Prüfung auch der Abgasanlage.

In meinem Fall hat Karosser AB (Schweden) die grundsätzliche Genehmigung zum Einbau der ALDE 3020 als Typengenehmigung erhalten. Diese Typengenehmigung beinhaltet, dass die Din-Normen eingehalten werden.

Nordstar hat allerdings viele hundert Kabinen da draußen, bei denen nicht die Heizung „explodiert“ ist. Diese Kabinen sind auch nicht mehrere 10.000 km über Stock und Stein gefahren, haben nicht aus LPG Flaschen Gas aus vielen abgelegenen Regionen dieser Erde bekommen und haben noch nicht auf der Seite gelegen . Das Team vom Wohnkabinencenter hat auf jeden Fall sofort reagiert und wir suchen nun gemeinsam nach der möglichen Ursache.

Exkurs I: Das Erdbeben in Durres

Gerade noch schreibe ich darüber, dass wir von Durres nach Venedig mit der Fähre übersetzen wollen, da zerschlagen die Nachrichten über ein schweres Erdbeben in der albanischen Hafenstadt meine Sommerurlaubsträume. Mehr als 20 Menschen wurden getötet, zigtausende sind verletzt und/oder obdachlos.

Man ist als Overlander näher dran an Katastrophen und Unruhen. Das macht einen empfänglicher für solche Ereignisse. Ich will damit nicht sagen, das Mitgefühl etwas mit geografischen Koordinaten zu tun hat – nur ausdrücken, dass man dort Menschen kennt und vor ein paar Monaten noch am Strand gelegen hat.

Andererseits – und das stört mich gewaltig am Overlander-Leben: Man kann auch einfach weiterfahren oder auf dem Weg in ein Krisengebiet einfach über Google-Maps eine andere Route wählen.

Als wir in Gjumri mit dem 1988er Erdbeben konfrontiert wurden, da war das eine Lehrstunde der ganz besonderen Art. Durres berührt mich aber anders, weil es nah ist, weil es bekannt ist und weil der Weg dahin auch unser Weg ist.

Vielleicht buche ich gerade deswegen meine Fähre ab Durres, denn solche Orte meiden bringt niemandem etwas. Ich denke an Metti und seine Familie und bin froh, dass Vlore etwa 60 Kilometer vom Erdbebenzentrum entfernt ist. Wir hatten damals in der Gegend einen Elektronik-Schaden und haben gedacht die Welt geht unter.

17. Etappe: Tiflis – Tanger (25. November – 2. Februar 2020)

Unsere Kaukasus-Etappen sind erledigt und wir müssen uns langsam auf das nächste Ziel vorbereiten: Ende Januar wollen wir in Marocco sein, das sind rund 6000 Kilometer. Wir haben uns jetzt in Tiflis ein Appartement gemietet um in aller Ruhe ein paar Vorbereitungen zu treffen und zu planen. Außerdem: Es ist Winter im Kaukasus – und da ist es sehr kalt.

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Exkurs II: Die Armenische Diaspora

1,5 Millionen Menschen starben, als während des 1. Weltkrieges und kurz danach Westarmenien von Mardin bis zum Ararat quasi “entvölkert” wurde. Auf das zum russischen Staatsgebiet gehörende Ost-Armenien hatten Kurden und Türken keinen Zugriff. Wer rechtzeitig fliehen konnte suchte und fand den Weg nach Russland, Frankreich und Armenien.

Viele dieser Flüchtlinge fanden sich im Ausland gut zurecht, einige machten ein Vermögen, andere wurden für die Kutur bedeutsam. Bestes Beispiel ist wohl der französische Sänger Charles Aznavour, dessen Eltern vor dem Genozid nach Frankreich flohen.

Zahlreiche Auslandsarmenier unterstützen heute Projekte in ihrem Heimatland, obwohl die Sichtweise etwas korrigiert werden muss, denn ihr Heimatland bleibt für immer verloren. Und Ost-Armenien ist nicht die Heimat der Vertriebenen – allein schon sprachlich gibt es hier erhebliche Unterschiede, die sich durch die türkisch/russische Grenzziehung erklären. Allerdings fördert die so genannte Diaspora das, was man als “Gemein-Armenische” Identität bezeichnen könnte: Den Glauben, die Geschichte und die Hoffnung auf eine erfogreiche armenische Jugend.

Beispiele sind vor allem die hervorragend renovierten Klöster. Noravank z.B. ist über 1000 Jahre alt, sieht aber aus wie ein Neubau. Man braucht auf den Infotafeln nicht lange nach “USAID” zu suchen, was wohl die engagierteste Diaspora-Organisation zu sein scheint.

Engagierte Einzelpersonen investieren Millionen in Schulprojekte. Ich denke, dass Armenien – durch den Streit mit der Türkei und Azerbeidschan in zwei Himmelsrichtungen zu 100 % isoliert – niemals ohne die Auslands-Armenier zurecht käme und alenfalls in den größeren Städten eine moderne Infrastruktur aufbauen könnte.

Demnach arbeitet das Land mit zwei Budgets: Das eine nährt sich aus der eigenen Wirtschaftskraft und dem Fleiß der Ost-Armenier, das andere aus dem Vermögen der Nachkommen der vertriebenen West-Armenier. Wer das koordiniert, das weiß ich nicht und ist eins der großen Mysterien hier. Ebenso weiß ich nicht, warum es in Jeriwan mehr Lexus, Porsche und Mercedes gibt als in ganz Georgien (so mein Gefühl)

Mit dem Wohnmobil in den iran

Vorab, wir sind nicht mit dem Wohnmobil in den Iran eingereist, obwohl es nicht an Visa oder Carnet de Passage gescheitert wäre. Wir haben uns auf der armenischen Seite des Ararat an Mr. Hossein erinnnert, der uns vor Wochen auf der türkischen Seite angeboten hatte, uns in den Iran zu bringen – ganz legal und zu angemessenen Kosten.

Ich rufe ihn an über Whatsapp und er kalkuliert uns 700 Euro inkl. Visa für 2 Personen und einer “Temporary Permission” für unser Auto. Da das fast genau dem Preis entspricht, den wir auch in Deutschland für das Arrangement entsprechender Dienstleistungen gezahlt hätten, wird das Thema konkret. Wir wägen ab und entschließen uns, den Iran auszulassen, so reizvoll dieser Abstecher auch wäre. 700 Euro nur für die Einreise, um dann nach 14 Tagen wieder ausreisen zu dürfen erscheint uns etwas viel. Andererseits: Wann kommt man mal wieder mit dem Wohnmobil in die Nähe des Irans?

Also: Was gibt es bei der Einreise in den Iran zu beachten?

1. Zweifel: Mit Hund in den Iran

Zunehmend schwierig, da es ein Gesetz gibt, das zumindest den Iranern selbst den Transport von Hunden im Auto verbietet. Angeblich soll das Gesetz bei Touristen nicht so eng ausgelegt werden. Ich persönlich befürchte keine Probleme, aber es sind immer die “Kombi-Probleme”, die es einem am Ende schwer machen. Angenommen, es ist etwas mit dem Auto und man ist auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, dan kann es auch für Touristen schwer werden, den Hund durch’s Land zu bekommen.

2. Zweifel: Diesel im Iran

Mit einem Euro6-Fahrzeug kann es zu enormen Schwierigkeiten mit dem Schwefelgehalt des dort verfügbaren Diesels geben. Dieser ist so hoch, dass die Sonden im Abgassystem eines Euro6-Autos gleiche Ergebnisse messen, als ob die Abgasreinigung ausgefallen wäre. Das System fährt dann bis zum nächsten Werkstattbesuch in einen Notlaufmodus. Das Problem lässt sich nicht dadurch verhindern, indem man zeitnah die AdBlue-Abschaltung deaktiviert. Das Thema hat mit Adblue nichts zu tun. Eine Abschaltung der Messung der Abgaswerte ist meinem Kenntnisstand nach nicht möglich.

3. Zweifel: Mit einem Ford in den Iran

Selbst mit einer ordentlichen Carnet de Passage hätte ich mit meinem 3,2-Liter-Ranger maximal 5 Tage im Iran bleiben dürfen. Angeblich wird Autos amerikanischer Bauart derzeit die Einreise komplett verweigert.

4. Zweifel: Reparaturmöglichkeiten im Iran

Sollte es im Iran aus irgendwelchen Gründen zu Problemen mit meinem Auto kommen, wird mir da niemand helfen können, da EURO6-Technologie hier völlig unbekannt ist und Ersatzteile nicht aufzutreiben sind wegen des Handelsembargos. Da ich mit einem Automatik unterwegs bin, kann mich auch kein freundlicher Perser kurz über die nächste Grenze schleppen. Im Land lassen kann ich das Auto auch nicht wegen der begrenzten genehmigung.

Alle vier Zweifel in Summe haben uns überzeugt, lieber doch nicht mit unserem Wohnmobil in den Iran einzureisen.

Exkurs III – Das Verhältnis Georgiens zu Russland

Kurz gesagt: Es ist kompliziert! Der Nachbar Russland steht in Georgien für Machthunger, ständige Bedrohung, Mafia und Korruption.

Das Verhältnis war schon immer kompliziert. So fragt man sich z.B. warum es keinen “Tbilisier Frühling” gab Ende der 60er? Ganz einfach: Die Georgier hatten ihre Lektion gelernt, denn hier hatte man sich schon 1956 gegen die russische Führung aufgelehnt – leider nicht für die Freiheit und die Menschenrechte, sondern weil Nikita Sergejewitsch Chruschtschow in einem geheimen Dossier jeden weiteren Personenkult um den 1953 verstorbenen Georgier
Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili untersagt und damit die Ent-Stalinisierung der Sowjetunion eingeleitet hatte.

Aber gerade die den folgenden Aufstand anführenden Studenten wollten sich ihr großes georgisches Idol nicht nehmen lassen und forderten Freiheit – vor allem das Recht, den “Stählernen” weiter gottgleich anbeten zu dürfen.

Chruschtow beendete den Aufstand nach Russenart und ein paar hundert Aufständige verloren beim Massaker von Tbilisi ihr Leben. Es war der letzte Aufstand bis 1989, als russische Fallschirmjäger einen gewaltfreie Demonstration gegen die Sowjetunion niederknüppelten. 40 Menschen kamen ums Leben.

Aber: Die Sowjetunion löste sich auf, wurde zunehmend handlungsunfähiger und bei den Wahlen 1990 siegte eine pro-georgische Partei, die sich die Eigenständigkeit Georgiens auf die Fahnen geschrieben hatte.

Zwei Jahren nach der brutal niedergeschlagen Demo wurde die Republik Georgien auf Basis der Verfassung der ersten Republik ausgerufen.

Der Georgische Präsident Gamsachurdia verkündete, dass sich Georgien nicht an der Gründung der Gemeinschaft der GUS-Staaten beteiligen würde.

Allerdings Swiad Gamsachurdia machte bei der Lösung der innenpolitischen Aufgaben keine gute Figur und agierte zunehmend diktatorischer, bis er 1992 in einer Art Militärputsch abgesetzt und durch Eduard Schewardnadse, letzter Aussenminister der UDSSR, abgelöst wurde.

Im ersten Abchasienkrieg 1993 unterlag Georgen und musste sich mit der Unabhängigkeit der Teilrepublik abfinden – und dafür hohen Tribut zahlen: 50.000 Menschen starben und etwa 200.000 mussten fliehen. Auch in Süd-Ossetien gab es Probleme.

Schewardnadse führte Georgien 1995 wieder den GUS-Staaten zu und bis 2003 regierte er, ohne eine Ansteigen der allgegenwärtigen Korruption sowie den Schulterschluss mit Russland verhindern zu wollen oder zu können. Erst die sogenannte Rosenrevolution machte dem Schewardnadse-Treiben 2003 ein Ende und sorgte für einigermaßen demokratische und verlässliche Strukturen, die in dieser Form bis heute anhalten.

Große Probleme bekam Georgien 2007/2008 mit weiteren Auseinandersetzungen um Abchasien und Südossetien, die mit einer deutlichen Manifestierung des wohl endgültigen Verlustes der Teilrepubliken endeten.

Die erste Republik

Die erste kurze Selbständigkeit hatte es übrigens nach dem 1. Weltkrieg 1917 bis 1921 mit der “1. Republik” gegeben. In schweren Zeiten zog es die “Terrasse Europas” aber doch vor, sich zunehmend und schließlich endgültig unter das schützende Dach des großen Nachbarns zu stellen. Natürlich nicht ohne massiven Druck Russlands: Über die vielen tausend Toten und die Autonomiebestrebungen Georgiens dieser Zeit berichtet eine ständige Ausstellung des Tbiblisier Nationsmuseums auf sehr eindringliche Art und Weise. 1921 wurde Georgien dann zur Sowjet-Republik.

Tbilisi selbst hat nur einmal in der Vergangenheit wirklich den Atem der Geschichte in seinen Gassen gespürt. 1908 hatten sich hier die Geschicke der kommunistischen Revolution entschieden, als ein junger Seminarschüler namens Dschughaschwili einen Geldtransport der Bank von Russland überfiel und mit den erbeuteten 250.000 Rubeln über Jahre den Kampf von Lenins Rotgardisten bis hin zur erfolgreichen Oktoberrevolution finanzierte. Dabei sollen bis zu 40 Menschen getötet worden sein, Stalins damaliges Vorgehen erinnert an die Bankraubpläne der späteren RAF in Deutschland oder der IRA – auch hier zählte Geschwindigkeit und Rücksichtslosigkeit über alles.

Die Deutschen in Georgien

Die Geschichte der Deutschen in Georgien ist eng mit dem Einwanderungsdekret der russischen Zarin Katharina II. verbunden, das seit Ende des 18. Jahrhunderts Hunderttausende von Europäern – vornehmlich deutsche Bauern und religiös Verfolgte aus Württemberg – in den Osten zog, um hier die endlosen Weiten des Zarenreiches zu besiedeln. Die Deutschen gründeten hier Siedlungen, die man noch heute an ihren schnurgeraden Hauptstraßen erkennt. In Marienfeld bei Tbilisi stehen noch “Deutsche Häuser”.

Während zu Beginn der Besiedlung insbeondere die stetigen Angriffe der Völker jenseits der russischen Grenzen Opfer unter der deutschen Bevölkerung kosteten, war es am Ende Stalins Wahn, der das Kapitel “Deutsche in Georgien” brutal und unwiderruflich beendete. Nach der deutschen Kriegserklärung an die UDSSR wurden über Nacht alle Deutschen nach Sibirien und Kasachstan deportiert. Nur knapp 2000 sollten jemals zurückkehren. In den Orten erinnern sich die alten Leute noch daran, dass die Häuser der Deutschen wie bewohnt schienen, als die neuen Besitzer einzogen. Teilweise stand noch das Essen auf den Tischen – so überraschend hatte die Deportation die deutsche Bevölkerung erwischt.

Heute muss man beim Begwandern westlich der alten Heerstraße nach Wladikawkas vorsichtig sein, denn so mancher Wanderweg wird von russischen Grenzsoldaten mit Maschinengewehren im Anschlag versperrt. Andererseits kommen zunehmend mehr russische Touristen nach Georgien. Die gesamte Gemengelage ist für Europäer etwas unübersichtlich. Eins scheint klar – die Freiheit werden sich die Georgier nicht mehr nehmen lassen.

Exkurs II: Südossetien und Abchasien

In der Vorbereitung auf unsere Reise haben wir uns natürlich auch über politische und völkerrchtliche Dinge informiert. Dabei blieben Südossetien und die autonome Republik Abchasien im Verständnis der Gesamtlage immer etwas nebulös. Gerade in bezug auf die Kaukasus-Republik Süd-Ossetien waren wir von ethnischen oder religiösen Hintergründen, und allgemein geschichtich begründeten Souveränitätsbestrebungen ausgegangen.

Über Abchasien redet man hier nicht viel, denn die Geschichte ist blutig und wohl auch von ethnischen und nationalistischen Differenzen geprägt. Anders sieht das in Südossetien aus, wo es keine echte Regierung gibt, sondern die Staatsgewalt inkl. der Grenzkontrollen von russischem Militär ausgeübt wird. Fragt man die Georgier, dann sind die 50.000 Süd-Ossetier alles andere als freie Menschen und jeden Tag weitet der unbeliebte Nachbar Russland seinen Einfluss weiter aus und zwar aus rein wirtschaftlichen Interessen: Abchasien und Südossetien sind nicht militärstrategisch interessant sonden nur noch wirtschaftsgeografisch, denn wichtige Teile des Gastransports von Russland in den Westen läuft über diese Gebiete.

Ein Grenzübertritt ist nicht möglich, denn ein Stempel der süd-ossietischen oder abchasischen Verwaltung im Pass bedeutet gleichzeitig für Einreisende in Georgien, dass ein illegaler Grenzübertritt vorliegt, der im besten Fall mit einem Einreiseverbot geahndet wird. Touristen kommen beim Wandern schnell in diese Situation, denn die “Grenze” verläuft etwa 20 Kilometer neben der “Georgischen Heerstraße” und nahezu jedes Tal Richtung Westen endet irgendwann auf süd-ossietischem Gebiet.

Im öffentlichen Leben wird wenig über den Autonomiestatus der drei Republiken (auch die Region um Botumi ist autonom) geredet, allerdings ist überall und deutlich die Abneigung gegen den Nachbarstaat zu spüren, obwohl gerade im Kaukasus sehr viele russische Touristen für Umsatz sorgen.

Das eigentlich Problematische ist, dass Russland seinen Einflussbereich in Südossetien immer weiter ausdehnt, ohne dass die aktuelle Regierung sich mal zu einem weltweit zu hörenden “Halt” aufruft. Es gibt keinen zu berdenden “Status Quo”, weil die Ansprüche Russlands nicht definiert sind, sondern nach belieben ausgedehnt werden. “Wir verlieren jeden Tag ein paar Meter an die Russen und es ist nicht abzusehen, dass das aufhört”, dürfen wir einen Lokalpolitiker aus Tiflis zitieren. Wer befürchtet, mit seinem Land “geschluckt” zu werden, muss wegziehen oder seinen georgischen Pass gegen den russischen tauschen.

Um ehrlich zu sein: Wir haben noch nicht mit einem Russen über dieses Thema gesprochen und kennen die Geschichte nur von einer Seite. Daher wird dieser Artikel sicherlich nocht fortgesetzt.

Exkurs I: Das Paradies von Nika Vacheishvili

Wir sind mal wieder gestrandet – diesmal auf einer Trauminsel: Das Weingut von Nika Vacheishvili (51) nahe des Stalin-Geburtsortes Gori im Zentrum Georgiens erfüllt alle Aussteiger-Träume. Auf einem überschaubaren Berggrundstück im Atenuri-Tal mitten in einer über 1000-jährigen Weinbau-Tradition hat sich der gelernte Kulturhistoriker seinen persönlichen Traum vom Winzerleben erfüllt.

Mit einer Anbaufläche von 30.000 Quadratmetern könnte er einem deutschen Weinbauern allenfalls ein “Och ist das süß” entlocken, aber für georgische Verhältnisse ist das mehr als genug, denn um den Vertrieb muss er sich dank eines gut besuchten Gästehauses nicht kümmern und industrielles Wachstum ist nicht Nika Vacheishvilis Thema. Lieber baut und plant er sein Museum auf dem Nachbargrundstück.

Wer das Gästehaus besucht ist geneigt länger zu bleiben: Aus Angst vor dem abenteuerlichen Rückweg mit Schotter, spanferkelgroßen Schlaglöchern und Fluss-Überquerungen, aber hauptsächlich, weil man sich hier so unglaublich wohlfühlen kann.

Durch Mund-zu-Mund-Propaganda ist das Haus stets gut gefüllt und der Hausherr begrüßt seine vornehmlich deutschen Gäste fließend in deren Muttersprache. Die Küche ist ein georgischer Traum und die Unterkünfte stehen weit über landestypischem Gästehaus-Niveau. Das hat hier schon deutschen 3-Sterne-Charakter und die Liebenswürdigkeit der Gastgeber bügelt alle eventuellen Schwachstellen charmant aus. Wir haben uns während unserer ganzen Reise außer im Kloster bei Bobota (Rumänien) nirgendwo so herzlich umsorgt gefühlt wie hier im georgischen Niemandsland, gut 20 Kilometer unsagbar schlechter Wegstrecke vom nächsten Ort entfernt.

Das Abendessen kostet 80 Lira für 2 Personen, also etwa 12 Euro pro Kopf. Dabei kann man sich die Weinkarte des Hauses hoch und runter trinken – ohne Aufpreis…

Nika braucht keinen Vertrieb – was er produziert wird im Gasthaus getrunken – insgesamt rund 4000 Liter pro Jahr. Gekeltert werden die für die Region Atenuri historisch wichtigen Trauben Takveri (Rot) und Chinebuli (Weiß), wobei der Winzer neben Rot- und Weißwein auch einen feinen Rose aus weißen Trauben mit Maische aus roten Trauben fermentiert. Die Flaschen werden direkt abgefüllt. Nach alter Tradition müsste noch im Ton-Amphoren gelagert werden, aber der Aufwand wäre zu groß.

Das Geheimnis des Bodens ist dessen starker Magnetismus. Die Erde ist so “anziehend”, dass man sie mit einem Magneten aufnehmen kann.

Unsere absolute Top-Empfehlung für Georgien: www.atenuri.ge

14. Etappe – Georgien (14. September – 12. Oktober)

Exkurs I: Das Weingut Vacheishvili
Exkurs II: Abchasien und Süd-Ossetien
Exkurs III: Das Verhältnis Georgiens zu Russland
Exkurs IV: Der Waschlowani-Nationalpark

Wir sind etwa 650 Kilometer von der Georgischen Grenze, 900 Kilometer von Tiflis und etwa 1100 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Hier hätten wir in Wladikawkas das eigentliche Ziel unserer Reise erreicht.

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