Beste Reisezeit für Azerbaijan
Wir haben den November 2019 sehr genossen, weil es in Azerbaijan selbst im September noch sehr heiß werden kann. In den Wintermonaten muss überall mit Schnee und Frost gerechnet werden. Andere Overlander zu treffen ist ein Glücksspiel, aber wie immer findet man immer und überall Gleichgesinnte. Im großen und ganzen ist man allerdings als Tourist recht einsam unterwegs, insbesondere in den Nationalparks.
Einreise und Aufenthalt – Wohnmobilreise in Azerbaijan
Wer mit dem Wohnmobil nach Azerbaijan einreisen will, muss eine handvoll Dinge beachten. Die Einreise ist aus Norden kommend nur über Georgien möglich. Im Norden ist der Grenzübergang „Red Bridge“ der beste Weg von Tiflis nach Baku, allerdings ist die Anreise durch das sehr industriell verbaute Rustawi nicht so schön. Es gibt einen fast unbekannten Grenzübergang 130 Kilometer östlich von Tiflis, den wir für die Rückfahrt genutzt und als deutlich entspannter empfunden haben, da er quasi eine Kette von Nationalparks verbindet und nicht von LKW genutzt wird. Hier wäre dann das historisch sehr bedeutsame Sheiki erste Station, oder die Naturerlebnisse rund um Quabala.
Für die Einreise braucht es ein gültiges Visum. Dieses kann im Vorfeld über die Botschaft in Deutschland organisiert werden oder bis 3 Tage vor Grenzübertritt online im Internet. Letzteres kostet 20 Euro pro Visa. Ich würde das empfehlen, weil man dann flexibler ist. Das Visadokument muss ausgedruckt werden, das geht in Armenien oder Georgien in den überall vorhandenen Copy-Shops. Achtung: Für das Visa braucht es eine Adresse in Azerbaijan. Wir hatten im Vorfeld ein AirBnB in Baku gebucht und konnten daher diese Adresse verwenden. Ich glaube nicht, dass diese Adressen kontrolliert werden, daher könnte man rein theoretisch auch irgendein Guesthouse angeben.
Wer einen Armenien-Stempel im Pass hat bekommt Probleme. Mit einem Bergkarabach-Stempel würde ich mich an keiner azerbaijanischen Grenze blicken lassen, denn das gilt als Beweis für einen ungenehmigten Grenzübertritt, aber selbst ein normaler Armenien-Stempel provoziert großen Klärungsbedarf. Also wer – wie wir – beide Länder bereisen will, sollte zuerst nach Azerbaijan reisen und sich immer bewusst sein, dass die beiden Länder aufgrund der ungeklärten Bergkarabach-Situation bis auf’s Blut verfeindet sind.
Papiere für den Grenzübertritt
Reisepass, Führerschein national und international,
Fahrzeugschein und eine gültige Haftpflichtversicherung – für den Hund
unbedingt den Europäischen Heimtierausweis, idealerweise mit Bild.
Die Versicherung wird direkt an der Grenze inklusive der Einfuhr-Papiere für das Fahrzeug ausgestellt und sofort berechnet. Daher sollte man beim Grenzübertritt etwa 100 Manat Bargeld zur Verfügung haben. Es ist nicht möglich, ohne das Auto wieder auszureisen. Wer mehr als 15 Tage in Azerbaijan unterwegs sein will, muss sich alsbald bei der Migrationsbehörde um eine entsprechende Genehmigung kümmern. Das kann auch online geschehen. Solche Dinge nicht unterschätzen, denn an den azerbaijanischen Grenzen herrscht ein rauher Umgangston. Wie überall im Kaukasus: Der Beifahrer muss aussteigen und als Fußgänger durch die Passkontrolle. Späße, flapsige Bemerkungen etc. sollte man echt sein lassen. Das ist kein Schengen hier…
Wohnmobil-Fahren in Azerbaijan
Azerbaijan achtet sehr auf Verkehrsregeln. Diese legt man zwar sehr kreativ aus, aber Touristen sollten die geltenden Geschwindigkeitsgebote unbedingt einhalten. Die Abrechnung kommt spätestens bei der Ausreise, dann die wichtigen Durchgangsstraßen sind alle videoüberwacht. Polizei kassiert Strafmandate grundsätzlich nicht in bar, sondern man erhält ein Zettelchen mit dem an den allgegenwärtigen Automaten bezahlen kann. Vereinzelt versuchen Polizisten auf eigene Kappe etwas Geld nebenbei zu machen. Hier zahlt sich Hartnäckigkeit aus. Ohne Beleg wird nicht gezahlt, unter Umständen ist es hilfreich, einen 20 Manat-Schein im Portemonnaie zu haben, denn damit sind die meisten Polizisten dann doch irgendwann zufrieden, auch wenn die Eingangsforderung 4-stellig war.
Das Fahren auf den bis zu 8-spurigen Autobahnen rund um Baku ist aufgrund der moderaten Geschwindigkeiten recht gefahrlos, lediglich die großen, teils 6-spurigen Kreisverkehre im Zentrum erfordern höchste Aufmerksamkeit. Die Straßen nach Baku und um Baku sind in einem hervorragenden Zustand. Auf dem Land sind nur die Hauptwege einigermaßen in Ordnung. Es muss mit teils bis zu 50 Kilometer langen Baustellen gerechnet werden. Zuwege zu Sehenswürdigkeiten erfordern nicht selten Allrad-Antrieb. Wenn es geht sollte Fahren in der Dunkelheit vermieden werden. Es ist stockdunkel und man sieht wirklich nichts, weder die Schafherden die hier über die Fahrbahn getrieben werden noch die Kühe, die von einer Verkehrsinsel zur anderen wandern. Vorsicht mit Taxifahrern, bitte immer den Preis vorher aushandeln. Im Stadtgebiet Baku nicht mehr als 12 Manat zahlen für eine Fahrt. Idealerweise vorher Freundschaft knüpfen mit dem Fahrer und dann am nächsten Tag wiederkommen. Dann gibt es den fairen Preis.
Parken geht in der Stadt immer und überall, dafür sorgen die
jeweils für einen Straßenzug zuständigen Parkwächter, denen man allerdings den
Schlüssel aushändigen muss. Öffentliche Parkplätze gibt es selbst im Zentrum
ausreichend – allerdings waren wir Ende November dort. Nachteil dieser
Reisezeit: Die Polizei macht sich einen Spaß daraus, Ausländer rauszupicken.
Wir haben in den seltensten Fällen etwas bezahlen müssen und meist wollten sie
uns nur eine gute Fahrt wünschen. Nervig ist es aber doch, weil man nie weiß,
was einen erwartet.
Leben und Einkaufen
Sim-Karten gibt es in jeder größeren Stadt (Azerzell oder Bakcel), aufladen kann man später am Automaten. Für 10 Manat gibt es 5 Gigabyte, Internet dafür selbst im entlegensten Nationalpark in 3G-Qualität. Auch Bier ist kein Problem.
Man kann sich überall in Azerbaijan auf die
Hilfsbereitschaft der Leute verlassen, aber auch darauf, dass man als Tourist
erkannt wird und für alles grundsätzlich viel mehr zahlt als ein Einheimischer.
Da dieses „Viel mehr“ aber immer noch günstig ist, haben wir niemals
Beschwerden vorgebracht, weil auch selten überzogen wird.
Frei stehen ist hier nirgendwo ein Problem, auf bewachten
Parkplätzen zahlt man zwischen 2 und 5 Manat. Eingekauft wird direkt an der
Straße oder in einem der kleinen Markets. Die Supermärkte der großen Städte
haben europäisches Niveau. Bitte auf Verfallsdaten achten – damit nimmt man es
hier nicht so genau.
Bezahlen in Azerbaijan
Geld bekommt man an fast allen Automaten, allerdings niemals
mehr als 200 Manat, also grad mal 100 Euro – das nervt und es empfiehlt sich,
Euro oder Dollar mitzunehmen und dann vor Ort zu wechseln. Das Preisniveau ist
günstiger als Armenien und etwas teurer als Georgien. Unser 50 Euro-Budget
konnten wir hier sehr gut einhalten.
Trinkgeld wird für guten Service erwartet. Aufrunden passt immer. Beim Tanken oder bei sonstigen größeren Anschaffungen wird meist erst geliefert, wenn man das zum Bezahlen notwenige Geld zeigen kann. An Tankstellen wird Kartenzahlung z.B. nur dann akzeptiert, wenn man genügend Bargeld dabei hat. Geldwechsel ist überall möglich, über aktuelle Kurse bitte vorab im Internet informieren und die obligatorischen 10 Manat für den Touristenstatus einplanen.
Tanken (Diesel, AdBlue & Gas) in Azerbaijan
Diesel kostet hier etwas mehr als 30 Cent und hat Premium-Qualität. AdBlue gibt es hier in größeren Märkten für Autozubehör, ich würde mich aber nicht darauf verlassen. Markenwerkstätten gibt es meiner Meinung nach nur in Baku. Leider gibt es hier kaum LPG-Tankstellen, daher ist das Befüllen von Gasflaschen aus Deutschland nur an Gasversorgungsstätten möglich, die man beim Vorbeifahren aber gut erkennt. Wir haben 1 Euro für ein Kilogramm Gas bezahlt und niemals lang warten müssen. Je freundlicher man fragt, desto höher ist die Chance, dass sich ein passender Adapter findet.
Wie viel Zeit brauche ich für Azerbaijan?
15 Tage sind knapp bemessen. Wir haben allein in Bau 7 Tage verbracht und haben nicht alles gesehen. Für den Gobustan Nationalpark reicht ein Tag, für den Shirwan-Park sollte man sich mindestens 3 Tage Zeit nehmen. Sheiki und anderen großen Städte sind gut für Tagesausflüge. Yanardag und die Schlammvulkane sind ebenso wie der Feuertempel völlig überbewertete touristische Highlights, mit denen man sich lange aufhalten muss. Qabala und der umgebende Nationalpark lohnen aber auf jeden Fall. Für den Aufenthalt in Baku empfehlen wir den Parkplatz an der neuen Capian-Sea-Mall. Das Teppichmuseum (unbedingt anschauen) ist 300 Meter entfernt. Hier ist es zum Preis von 1 Manat/Nacht erstaunlicherweise recht ruhig und man ist innerhalb von 15 Minuten im Zentrum oder in der Old City. Es gibt Wasser und nach ein paar Minuten Weg auch eine saubere öffentliche Toilette. Wir haben dort 4 Tage problemlos gestanden. Stellplatzprobleme haben wir grundsätzlich niemals gehabt.
Menschen in Azerbaijan
Azerbaijan ist moslemisch geprägt aber nicht von der
Religion bestimmt und ganz und gar nicht mit dem Bruderland Türkei
vergleichbar. Verschleierung ist quasi unbekannt und das Miteinander von Mann
und Frau hat zumindest in Baku absolut unseren Standard. Die Menschen auf dem
Land erscheinen uns sehr arm. Baku ist manchmal bis an die Schmerzgrenze heran
„neureich“. Woher die jungen Burschen hier das Geld für ihre Ferraris haben –
ich weiß es nicht. Eine Studentin aus St. Petersburg erzählt mir, dass es für
ihre Mit-Studentinnen sehr wichtig ist, mit Prada- und Gucci-Accessoires zu
glänzen, obwohl alle wissen, dass es billige Fälschungen sind. Vor den echten
Versace und Armani-Läden stehen die Einkäufer meist länger als notwendig auf
dem Bürgersteig herum, damit wirklich alle sehen, dass sie sich sowas leisten
können. Vor den Schulen der Reichen parken Bentleys mit Chauffeur, um die
Kinder abzuholen. Bettler oder Obdachlose gibt es nicht, man hat den Eindruck,
dass zumindest in Baku jedem ein Besen in die Hand gedrückt wird, um die
Boulevards zu kehren. Auf den Basaren wird sehr unaufdringlich und völlig
entspannt gehandelt.
Die Menschen hier sind – Ausnahme Grenzbeamte – überaus
freundlich.
Politik, Menschenrechte etc.
Während unserer Zeit in Baku gab es Reisewarnungen aufgrund von ungenehmigten Demos, die von der Polizei brutal niedergeknüppelt worden sein sollen. Wir haben davon nichts mitbekommen und auch auf Nachfrage nur eine latente bis deutliche und durchgehende Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung erfahren. Darüber wurde aber offen gesprochen. Ich denke, dass Korruption im Ölhandel das größte Problem ist, und dass das mit der Energie erwirtschaftete Geld nicht gerecht verteilt wird. Die Schuldbildung ist gut, selbst auf dem Land sprechen viele Menschen englisch, die meisten der älteren Azerbaijaner waren in ihrer Armeezeit in Dresden oder Potsdam stationiert. Weitere Beurteilungen möchte ich mir sparen, davon weiß ich zu wenig. Apropos zu wenig: Wir sind hier auch schon mit „Heil Hitler“ begrüßt worden – nicht aus politischer Überzeugung, sondern weil man hier – ehemalige Soldaten ausgenommen – sehr wenig über Deutschland weiß. Unsere Kanzlerin kennt man allerdings! Vorsicht bei Diskussionen über Armenien – der Hass auf den Nachbarn verbindet hier alle Schichten. Wir haben aber auch junge Leute getroffen, die sich einen echten Frieden wünschen, selbst wenn Bergkarabach autonom bleiben sollte. Es ist so wie wir mit der Mauer damals – man hat sich daran gewöhnt.
Hunde in Azerbaijan
Es gibt mitunter Probleme, ein Restaurant zu finden, das Hunde akzeptiert, aber wir sind immer irgendwo fündig geworden, denn insbesondere die kleineren Betriebe sind auf jeden Manat angewiesen. Wenn der Hund nicht reindarf kann man sicher sein, dass das Essen maximal Touri-Niveau hat. Hotels und Gästehäuser akzeptieren keine Hunde. In unsere AirBnB in Bako war das kein Problem.
Essen in Azerbaijan
Sehr lecker und am besten im Straßen-Imbiss auf die Hand. Gyros (Rind/Geflügel) gibt es hier in leckeren Teichfladen eingewickelt ab 2 Manat. Ansonsten: Alles sehr türkisch und wer mit anatolischen Speisekarten klarkommt hat auch hier keine Probleme. Es ist alles nicht so schwer cremig, fettig und sahnig wie in Armenien oder Georgien. Ich habe übrigens nirgendwo besseren Kaffee bekommen als in Azerbaijan (meine Empfehlung: Americano mit heißer Milch). Allerdings “echter” Kaffee a la Azerbaijan ist nicht zu genießen. Tee (Cay) hat die gleiche Bedeutung wie in der Türkei.
Was mitnehmen aus Azerbaijan?
Wir haben uns für Teppiche entschieden, die als einzige “Souvenirs” nicht teurer sind als in den Nachbarländern. Für zwei sehr schöne Teppiche haben wir insgesamt 350 Euro bezahlt. Außerdem habe ich 45 Liter Diesel mitgenommen – die Kanister werde ich in Griechenland vertanken.
Bilder unserer Reise mit dem Wohnmobil durch Azerbaijan idealerweise im Reisblog finden oder unter dem Instagram-Hashtag #usch_in_azerbaijan .