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Exkurs IV – Schicksalsfragen

Was will mir das Schicksal eigentlich sagen? Fahr nach Hause? Bleib noch ein paar Tage in Malatya? Sieh zu, dass du nach Georgien kommst?

Ich weiß es echt nicht – aber bislang hat es mich gut beraten. Nach unserem Unfall sind so wunderbare Dinge passieren, die mein Leben für immer ändern werden. Aber aktuell lässt es mich ratlos zurück.

Wir vertrauten der Nachricht “Das Auto ist zu 90 % fertig” und sind von Sanliurfa nach Malatya zurückgefahren. Der Werkstattleiter kommt mit “Daumen hoch” und breit grinsend auf mich zu. Neben mir das Auto – zugegeben auf allen vier Rädern, aber immer noch eine große Baustelle ohne Kotflügel und herabbaumelnden Spiegel.

Es geht hektisch und her und irgendwie begreift er dann doch, dass ich mit dem Ergebnis seiner 6-wöchigen Reparatur nicht so ganz zufrieden bin, was ihm dann endlich dieses Grinsen aus dem Gesicht fegt.

Der Chef kommt und wird kalkweiß. Ich weiß inzwischen, was passiert ist. Bei der Auftragsvergabe hatte ich formuliert, dass nur die notwendigsten Sachen erledigt werden sollten, damit ich die Reise fortsetzen kann. Spiegel, Kotflügel und funktionierende Sicherheitsgurte waren da nach Meinung des Werkstattleiters nicht eingeschlossen.

Die fehlenden Teile brauchen jetzt noch einmal 3 bis 4 Tage. Bislang ist immer etwas wunderbares auf solche Hiobsbotschaften gefolgt. Wird das so weitergehen oder schreit das Schicksal mir “Letzte Warnung” hinterher? Ich weiß es nicht und was mir sehr viel Freude bereitet: Es ist mir inzwischen egal – ich mache mir keinen Kopf mehr über sowas, denn der Erlebniswert unserer Reise könnte bis hierher nicht größer gewesen sein und ich kann sowieso an nichts etwas ändern. Ich kann es nicht zum Guten wenden, ich kann aber auch das Schlechte nicht verhindern.

Ob das Werkstattgebaren jetzt typisch für die Türkei ist oder ob es einen Schuldigen gibt – das ist alles völlig egal. Es ist wie es ist – Inshallah wie der Türke sagt und damit meint er nicht den klerikalen Wunsch nach einer Fügung durch Gott, sondern dass es kommt wie’s kommt.

Wenn Türken sich für andere freuen, dann entlockt es ihnen ein fröhliches “Mashallah”, z.B. wenn sie erfahren, dass du der Vater vieler Söhne bist. Dieses “Mashalah” steht für einen echten und völlig frei von negativen Gedanken geäußerten Respekt. Ich hoffe, dass ich mir ein “Mashallah” verdiene, egal, wohin die Reise geht und wo sie endet…

Türkische Gastfreundschaft

Wir sind hier in Ost-Anatolien in einer Gegend gelandet, in der traditionelle Werte mit einer extremen Hartnäckigkeit gepflegt und auch verteidigt werden. Dies gilt insbesondere für das Verhältnis der Geschlechter. Hier essen die Männer getrennt von den Frauen, Kindererziehung ist reine Frauensache und das Patriarchat funktioniert noch wie vor 500 Jahren. Die Vorherrschaft des Mannes, insbesondere des Vaters und des ältesten Sohnes ist nicht diskutierbar und auch jüngere und gebildete Frauen unterwerfen sich diesem System – wenn auch vielfach in stillem Widerstand.

Letzten Endes entscheiden und bestimmen tut der Vater oder nach dessen Tod der älteste Sohn. Ich habe das Gefühl, dass viele Frauen das auch nicht in Frage stellen und sich sehr bewusst in diese Rolle fügen.

Natürlich ist die “Türkische Gastfreundschaft” ein besonders lebendiger Teil türkischer Tradition. Einladungen zu Tee und Kaffee gibt es nahezu bei jedem Kontakt mit allen Teilen der Bevölkerung. Spätestens nach 5 Minuten wird eine Einladung zum Essen ausgesprochen. Wir haben aber auch erlebt, dass eine solche Einladung dann auch mal vergessen wird und man wie bestellt und nicht abgeholt rumsteht und niemand kümmert sich um einen.

Es gilt als extrem unfreundlich, eine Einladung nicht auszusprechen – sie nicht zu erfüllen ist dann nicht ganz so tragisch.

Wir haben nirgendwo auf unserer Reise mehr Gastfreundschaft erleben dürfen wie in der Türkei – das ist unbestritten und dafür gilt dem ganzen Land unser herzlicher Dank.

Manchmal frage ich mich, warum das bei uns so ausgestorben ist. Ich glaube wirklich, dass ein realistisches Maß an Gastfreundschaft auch ein Evolutionsmerkmal ist und ein Zuviel an Gastfreundschaft irgendwann persönliche und auch gesellschaftlich relevante Probleme produziert, weil aus Aktion und reaktion zu oft zu unterschiedliche Dinge herausgelesen werden. Allerdings dürfte ein Zuwenig an Gastfreundschaft noch viel schlimmere Folgen haben…

König Antiochos I Teos und der Nemrut – Der Gottkönig im Berg –

König Antiochos I Teos (69 – 34 vor Christus) war ein besonderer König – er war reich und er hat es geschafft, sich in der Fülle von Herrschern im damals noch größtenteils hellenistisch geprägten Anatolien einen Sonderstatus zu erarbeiten und im Gedächtnis der Welt über die Zeit zu retten.

Heute ruht der König auf 2150 Metern- wahrscheinlich auf ewig – im Mount Nemrut in der Nähe der Provinzhauptstadt Adyaman. Bis heute ist es keinem Forscherteam gelungen, den Eingang zur Grabanlage zu finden und so wie es aussieht werden dazu auch keine Initiativen mehr ergriffen. Grund dafür: Um an die Grabkammer zu gelangen, müsste der komplett von Menschenhand aufgeschüttete Gipfel wieder abgetragen werden. Dies wäre nicht zu finanzieren und würde auch die zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannte Kultstätte zu 100 % zerstören.

Ein Blick von der Ostterrasse auf den aufgeschütteten Berggipfel.

Die Architekten des Königs haben ganze Arbeit geleistet und ihren Auftrag erfüllt: Niemand wird die Ruhe des Königs stören – auch wenn Archäologen sich mit teils unorthodoxen Mitteln Zugang zu verschaffen suchten. So setzte die als “Queen of the Mountain” in die Geschichtsbücher eingegangene Nemrut-Pionierin Theresa Goell sogar Dynamit ein, um den Zugang freizubomben – vergeblich: Der massive Sprengstoffeinsatz hinterlies nur eine kaum sichtbare Mulde im monumentalen und weithin sichtbaren Geröll-Haufen.

Zur Geschichte des Königreiches Kommagene

Das Reich der Kommagene war in der Zeit um Christi Geburt ein Puffer zwischen den damaligen Weltmächten. Antiochos I verwies auf einen Stammbaum, der sich angeblich mütterlicherseits bis zu Alexander dem Großen zurückverfolgen ließ, väterlicherseits bis zu Darius I, dem legendären Großkönig der Perser. Allerdings: Antiochos schrieb sich seine eigene Geschichte: Alexander der Große hatte keine Kinder…

Antiochos war offensichtlich ein guter Geschäftsmann, der zum einen zwischen den Mächten vermitteln und zum anderen in Krisenzeiten Ausweichrouten für die Händler auf der Seidenstraße anbieten konnte.

Die reale Geschichte des Antiochos I ist überliefert und spannend: Als Antiochos den Thron bestieg war Kommagene das einzige im Osten des römischen Reiches noch nicht unterworfene Volk. An Antiochos Hauptstadt Samosata bissen die Römer sich die Zähne aus.

Antiochus bewies Verhandlungsgeschick und der römische Konsul Lucullus zog seine Truppen ab. Politisch geschickt agierend verheiratete Antiochus eine Tochter mit dem damaligen Perserkönig, der sich nach einem Sieg über die Römer deren Provinz Syria einverleibt hatte.

Für kurze Zeit herrschte Frieden, aber 38 vor Christus gelang Marcus Antonius der entscheidende Sieg über die Perser. Antiochos blieb zwar neutral und konnte sein Königreich bewahren, er machte sich allerdings mit der Aufnahme vieler Flüchtlinge keine Freunde in Rom. Man wurde sich nicht einig und abermals rannten die Römer gegen Antiochos Hauptstadt an – wiederum vergeblich.

Antiochos starb jung und sein Sohn – Mitradates II – konnte das erfolgreiche Abwehren der Römer nicht fortsetzen. Kommagene wurde Teil der römischen Provinz Syria.

Dem historischen Samasota machten übrigens die Türken selbst den Garaus: Die Stadt versank in den Fluten des Atatürk-Staudamms.

Wer die Anlage heute besucht kommt sofort ins Grübeln, z.B. darüber, wo sich der Eingang zur Grabkammer befinden könnte und auch darüber, wie der Berggipfel wohl ausgesehen hat, bevor Antiochos I den Nemrut zu einer Kultstätte machte. Wahrscheinlich war der ursprüngliche Berggipfel gar nicht der höchste Gipfel der Region. Allerdings hatte er das Potential, mit ein paar Nachbesserungen zu einem weithin sichtbaren Monument zu werden.

Ich unterstütze die Theorie, dass auf dem ursprünglichen Gipfel des Nemrut eine Grabkammer in den Berg gebohrt wurde. Anschließend wurde der 50 Meter hohe Gipfel künstlich aufgeschüttet – entweder mit bereits”bewohnter” Grabkammer oder mit einem Zugang, der nach der Beisetzung zerstört wurde oder durch das Gewicht des Berges kalkuliert zusammenbrach.

Durch diese geniale Technik ist die Grabstelle – wahrscheinlich – auf ewige Zeiten vor Grabräubern und Archäologen geschützt. Um an die letzte Tür zu gelangen, die Zugang zur Grabkammer des Antiochos I gewährt, müsste der gesamte Berg abgetragen werden und das ist schlichtweg unmöglich.

Archäologisch ist auch ohne Öffnung der Grabkammer noch einiges zu tun. Errosion und kletternde Touristen setzen der Anlage sehr zu und ohne aufwändigste Restaurationen wird die Anlage – bis auf die Bergspitze – Stück für Stück verfallen.

Ein gutes Beispiel ist das so genannte Löwen-Horoskop. Es handelt sich dabei um ein Relief, das genaue Daten zum Geburtstag des Antiochos liefert. Nach der Entdeckung der Tafel war man hoch erfreut über den tollen Zustand – es hatte tausende von Jahren auf dem Kopf gelegen. Allerdings setzten die kommenden 50 Jahre dem Relief derart zu, dass es so gut wie zerstört ist.

Es gibt zwar noch einen hervorragenden und rekonstruierbaren Abdruck des vollständigen Reliefs – dies ist aber dann nicht das Original, sondern nur eine Kopie.

Hier mehr über interessante Ausgrabungsstätten in der Umgebung des Mt. Nemrud erfahen: www.vertellervanhetoude.nl


Autofahren in Albanien

Autofahren in Albanien ist ein echtes Abenteuer. Zum einen entpuppen sich offizielle Durchgangsstraßen als Schotterpisten, zum andern gibt es außer den Tempolimits wohl kaum irgendeine Regel, an die sich die Albaner halten. Dabei geht es nicht immer nur dem Gesetz der Stärke. Man darf sich halt nicht unterkriegen lassen.

Wer einen Engpass sieht und nicht versucht, schnell noch durchzukommen, der steht da die nächsten drei Stunden, oder bis die Leute hinter einem aussteigen und die Situation auf die ein oder andere Art und Weise klären. “Mutig sein” hilft hier ungemein und wenn die Gegenseite erkennt, dass es kein Durchkommen gibt, dann bleiben die irgendwann stehen oder setzen notfalls auch mal zurück.

Schlaglöcher gibt’s hier ohne jede Vorankündigung, oft so groß, dass eine Ziege drin verschwinden könnte. Werden sie zu groß, dann wird einfach ein Reifen reingelegt.

Hupen gehört zu guten Ton und niemand, der einen anhupt hat etwas Böses im Sinn. Es soll wohl nur ermuntern, endlich das Träumen sein zu lassen und zügig weiterzufahren.

Mein Liebstes: Hier sind alle Kreisverkehre mindestens zweispurig. Wer also nicht sofort wieder rausfährt dreht sich in den Innenkreis. Vorfahrt hat dabei, wer die Nase vorn hat. Und das klappt.

Und dann die Autobahn: Die unterscheidet sich von anderen Straßen nur dadurch, dass man hier schneller fahren darf. Hier gibt es sogar Kreisverkehre, manchmal mit einer angebundenen Kuh drauf – keine Ahnung wie die da hinkommen konnte. Hier sind vom Eselskarren bis hin zum selbstgebauten Mofa-Transporter die unmöglichsten Gefährte unterwegs – und Fußgänger, z.B. wenn der Schulbus am Rand anhält.

In all diesem Chaos habe ich aber nicht das Gefühl, dass das Fahren hier wirklich gefährlich ist, weil hier jeder immer auf alles gefasst ist und sich auch nicht aufregt.

Das ist eine selbst in groberen Kartenwerken eingetragene Straße.


2. Etappe: Schalomkloster Pupping (5. – 8. April)

Die Nacht haben wir auf einem Feld bei Regensburg verbracht und sind dann am Nächsten Morgen zum Franziskanerkloster Pupping/Österreich aufgebrochen, wo wir uns mit Carsten Hille verabredet haben. Carsten hatten wir vor Jahren auf der Suche nach einem Gärtner kennengelernt und als wertvollen Ideengeber insbesondere auf der spirituellen Ebene auch schätzen gelernt. 2. Etappe: Schalomkloster Pupping (5. – 8. April) weiterlesen

Minus 2 – DANKE!!!

An dieser Stelle mal ein herzliches Dankeschön für all die guten Wünsche, Umarmungen und Aufmunterungen, die wir in den letzten Tagen erfahren haben. Stellvertretend für alle anderen bedanke ich mich hier bei meiner tollen Ex-Postbotin Dagmar und meinen beiden Lieblingssyrern Khaled und Chaldoun, die extra aus Bonn, bzw. Essen angereist kamen, um uns noch einmal zu sehen. Bitte seht uns nach, wenn wir nicht jede SMS, nicht jedes Posting und jede Whatsapp-Nachricht sofort beantworten – das dauer etwas!

Minus 3 – Die ersten 700 Kilometer

700 Kilometer bin ich mit dem Ranger in den letzten 14 Tagen gefahren und sitz immer noch in Allagen. Am Samstagabend dann noch eben die Waschmaschine zu Charly und Daniela gebracht, die Stehlampe zu Schallers, die Pflanzen zu Ulla und den eingetopften Weihnachtsbaum zu Ingrid. Und da war er dann dieser magische Moment: Wohnung komplett ausgeräumt und übergabebereit. Jetzt brauche ich die Ladefläche nicht mehr und kann endlich die Kabine montieren.