Ich war vom 1. April 2019 bis zum Mai 2020 mit einer Nordstar Camp 8S SE Wohnkabine unterwegs. Als Grundeinschätzung muss ich nach einem Jahr und über 30.000 Kilometer sagen, dass ich für eine Tour vom Kaukasus bis in die Sahara beim nächsten Mal ein anderes Konzept wählen würde. Die Kabine hat Stärken und Schwächen, die man nicht einfach auf einer Zeitachse herunterleiern kann, sondern in Bezug zu den Ereignissen und Herausforderungen setzen muss.
Die Nordstar Wohnkabine 8S SE hat sicherlich ihre Stärken, geeignet für lange und extreme Touren ist sie meiner Meinung nach nur bedingt. Ein PKW und eine Wohnkabine sind kein Expeditionsmobil, wem das klar ist, der kommt super mit der Nordstar klar und wird keinen Kilometer bereuen.
Ich liebe meine Kabine und sie hat mich in der besten Zeit meines Lebens begleitet – durch dick und dünn. Aber gerade weil ich sie ausgereizt habe bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus mag ich mir ein Bild über die Belastbarkeit erlauben.
Daher ist der vorliegende Bericht ein ernst zu nehmender 30.000 -Kilometer-Test. Die meisten Dinge, die ich erleben konnte, werden sich zwischen Allgäu, Husum und dem nächsten Kabinentreffen am Kloster Andechs nicht reproduzieren lassen.
Wer diesen Artikel ernst nehmen sollte:
a. “normale” Kabinenbesitzer, die ihre Camp 8S SE optimieren und von den Erkenntnissen einer Nutzung im Grenzbereich profitieren wollen
b. Menschen, die eine Overland-Tour außerhalb Europas planen und dazu eine Nordstar-Kabine in Erwägung ziehen
Wer seine Nordstar für einen normalen Urlaubsbetrieb oder für gelegentliche Wochenendausflüge nutzen will, sollte sich von diesem Artikel auf keinen Fall davon abbringen lassen. Ich halte die Kabine für allererste Wahl, wenn der Einsteiger oder der normale Wohnmobilist etwas Wert auf Individualität, Geländegängigkeit und Komfort in verträglicher Kombination Wert legen möchte. Das Konzept bringt einen sicher an entlegene Orte, aber richtig wohl fühlt sich die Kabine auf guten Straßen, auf Campingplätzen oder in der Stadt. Kilometer-Machen ist ihre Stärke, z.B. in 3 Tagen von Georgien nach Griechenland – das ist mit keinem anderen Konzept möglich. Und jeden Tag woanders sein, auch das macht Spaß mit der Nordstar.
Allerdings werde ich auf die Vorteile der Camp 8S SE für diese Nutzung auch nicht eingehen. Ich werde hier auch nicht schlecht über das Wohnkabinencenter schreiben. Jens stand mir immer mit fachmännischem Rat zur Verfügung – aber ob sich die Kabine in absoluten Extremsituationen bewährt oder nicht , das kann auch er nicht vorhersehen.
Erstmal ganz allgemein: Die Camp 8S SE ist eine geräumige Nordstar-Kabine und dank des Seiteneinstiegs optimal für die Mitnahme von Fahrrädern geeignet.
Was man wissen muss: Nordstar Wohnkabinen werden seit Jahrzehnten nach dem gleichen Prinzip gebaut. Man könnte sagen, dass man an bewährten Traditionen festhält, man könnte aber auch sagen, dass man in den vergangenen Jahrzehnten vielleicht zu wenig in Weiterentwicklung investiert hat. Aber das ist meine persönliche Meinung. Überzeugte Nordstar-Fans lassen auf das Konzept nichts kommen. Das Gewicht der Zuladung ist halt immer ein Problem und die von Nordstar verwendete Bauweise ist funktionaler Leichtbau aus dem Lehrbuch.
Die angeblich legendäre Wintertauglichkeit leidet unter der Tatsache, dass die Taupunkte in der Kabine so viel Wasser produzieren, dass Feuchtigkeit irgendwann zwangsläufig zum Problem-Thema werden muss. Auch andere Systeme haben identische Taupunkt-Probleme, damit ist die Nordstar in guter Gesellschaft – andere Systeme sind aber auch nicht aus Holz gebaut. Holz verzeiht nicht den geringsten Wassereintritt. Eine Nordstar-Kabine ist ein mit einer dünnen Metallhaut überzogenes Gerüst aus Vierkant-Hölzern. Selbst die Stützenaufnahmen und selbst die Befestigugspunkte der Spanngurte sind lediglich in Holz verschraubt. Nordstar hält daran fest, owohl die Qualitäten und die Vorteile von Voll-GFK oder Metallrahmenbau auf der Hand liegen.
Aber das ist wirklich eine Einstellungs-Auseinandersetzung. Nach meinem kapitalen Unfall in der Türkei blieb die Kabine trotz massivster Schäden noch über Monate und zigtausende Kilometer 100 % einsatzfähig – das rechne ich ihr hoch an!
Wer um diese Schwachstellen weiß, sollte die Notwendigkeit von regelmäßigen Überprüfungen der empfindlichen Stellen einsehen. Wer hier die notwendige Sorgfalt walten lässt, wird auch mit der Holzbauweise auf lange Sicht keine Probleme bekommen.
Richtiges Wintercamping ist auch durch den Gas-Hunger der Alde-Heizung bei Temperaturen unter Null problematisch und nur in Gegenden zu empfehlen, in denen die Gasversorgung kein Thema ist oder ausreichend Strom zur Verfügung steht. Im Ausland muss Gas aufwändig gefiltert werden (LPG) oder man muss mit den landestypischen Gas-Flaschen mit unterschiedlichen Qualitäten arbeiten können. Perfekt ist’s halt, wenn man die Alde ans Stromnetz bekommt. Da würde ich die Kabine niemals gegen ein Hotelzimmer tauschen wollen.
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