„Fahrt’s nach Rumänien!“ bringt uns Karl aus Wien auf den weiteren Weg Richtung Osten. Er schwärmt von Lost Places, die es im Norden Ungarns und ganz besonders in Rumänien gebe, wo man wunderschön stehen kann. Im Ansatz ahnen wir was er meint, als wir kurz vor Budapest halt an einem See machen. Im Sommer mag hier ein Freizeitwunderland pulsieren – jetzt grade aber retten sich die einstigen Vorzeigehotels des Ostblocks von einem Verfallsjahr ins Nächste.
Wir stehen auf einem Parkplatz, 50 Meter vom Wasser und es ist wunderschön hier – aber auch völlig ausgestorben. Grad haben wir uns nach dem Abendessen „Brother Sun und Sister Moon“ angesehen – ein toller Film über die Jugend des Hl. Franziskus. Wieder bleibt mir was hängen „Ich will nicht verstanden werden – ich will verstehen!“ Warum investieren wir so viel Zeit, damit andere uns verstehen?
Warum ist das so schwer mit sich ins Reine zu kommen? Ich kann die, die mich nicht verstehen nicht verändern – nur mich selbst!
Morgen müssen wir irgendwo einen Kulturstopp machen, dringend mal Duschen, Wasser auffüllen und Wäsche waschen. Danach dann in die Karparten, wo ich mich endlich mal auf einen Stein setzen und nachdenken werde, warum ich mir ständig nur selbst im Weg stehe und die Schuld den anderen gebe. Es ist alles nicht dramatisch, aber ich bin der festen Überzeugung, dass ich die nächsten Jahre lieber ohne diesen Rucksack voller unwichtiger und bremsender Befindlichkeiten auskommen möchte und das man Dinge, die einen an sich selber stören abschalten kann.
Auf dem Weg nach Budapest zieht alles an mir vorüber, was mein Bild über Ungarn prägte, von Sissi bis Arpad der Zigeuner. Was mir auffällt: Das ist hier vielleicht nicht alles in Top-Zustand, aber hier ist es blitzsauber.
Budapest
Die Hauptstadt Ungarns ist eine absolute Perle. An den Imbiss-Buden ist alles XXL und an jeder Ecke Polizei im Doppelpack. Hier ist man bereit, das kleine Bisschen Protz und Prunk mit allen Mitteln zu verteidigen. Die Kontrolleure in den U-Bahnen sind offensichtlich die Schwarzfahrer von gestern – genial gelöst noch Orban-Art.
Auf dem Schloss lässt sich eine Ungarin in einem Hochzeitskleid fotografieren, in das sie offensichtlich aufwändig hineingenäht wurde. Und überall zwischen Posern und in Beliebigkeit hübschen Mädchen entweder sich gähnend langeweilende WLAN-Kids oder nicht-wissen-was-sie-da-eigentlich-im Hintergrund-fotografierende-Selfie-Maker. Das ist hier austauschbar. Multi-Kulti ist hier nur noch eine Hautfarben-Definition. Globale Vereinheitlichung in regionaler Beliebigkeit.
Für eine Urlaubsstation wohl sicherlich ein Muss – ich bin froh dass ich da nicht nochmals hineinmuss und schiebe einen Arbeitstag vor. Sowieso: ich muss beginnen, dass alles hier als Lebensmodell zu begreifen und nicht als Aneinanderreichung touristischer Hotspots, bis es einem aus den Ohren kommt. Der Platz hier ist als Arbeits-Platz super – mit verlässlichem WLAN, Gratis-Waschmaschine und schön ruhig – abgesehen von den Jets, die alle 5 Minuten 10 Kilometer entfernt starten und landen und abgesehen von den Geräuschen, die aus dem Stundenhotel im Campingplatzzentrum dringen und Väter kleiner Mädchen in Erklärungsnot bringen.
Ich hoffe, dass wir in der Puzsta nun etwas Natur und ursprüngliches Ungarn finden.
Die Puzta ist toll, aber irgendwie schecht zu greifen, da ihr Reiz in der unglaublichen Fläche liegt. Soe richtig verlieben können wir uns in Ungarn nicht, zumal es hier außerhalb der Saison echt tot ist.
Nach 15 Tagen haben wir 817 Euro ausgegeben (54.50 pro Tag), davon aber 200 Euro für noch notwendige Einrichtungsgegenstände und 160 Euro Diesel.