16. Etappe – Azerbaijan (9. November – 24. November)

Exkurs I: Reiseinformationen “Mit dem Wohnmobil durch Azerbaijan”

Auf dem holprigen Weg zur Azerbaijanischen Grenze tut es einen Schlag und die Warnlampen im Ranger Cockpit schlagen Purzelbäume. Auch eine Fehlermeldung kommt: “AdBlue-Warnung – nach 500 Kilometern wird das Auto nicht mehr starten”. Zum Glück finden wir einen Markt, der AdBlue führt – was ein Wunder ist, denn wirklich NIEMAND braucht das hier… Ich fülle auf, aber die Fehlermeldung bleibt. Wir fahren nach Tiflis in die Ford-Werkstatt. Hier schraubt man den ganzen Tag herum, aber die Warnanzeige verschwindet nicht. Wir fahren los, um einen Platz für die Nacht zu finden, am nächsten Morgen wollen die Ford-Experten weitersuchen. Ist zum Glück aber nicht notwendig, denn als ich auf die Stadtautobahn einbiege erlischt die Warnmeldung. Hoffentlich war das jetzt der letzte Stolperstein auf dem Weg nach Baku. Der Service ist kostenlos, höre ich staunend.

Die kennen keine Grenzen: Endlich sehe ich Gänsegeier “in echt” – Die Grenzregionen sind einsam genug für diese Riesen.

Azerbaijan empfängt uns komplett anders als Armenien oder Georgien. Die Grenzformalitäten sind der Hammer und ein junger Bursche nimmt uns in seinem Büro ins Kreuzverhör, ob wir nicht wüssten, dass Azerbaijan ein schlechtes Verhältnis zu Armenien habe und was wir beim verhassten Nachbarn gemacht haben. Wir bleiben ehrlich und sagen, dass wir der Empfehlung der Azerbaijjanischen Botschaft folgend Berg-Karabach nicht besucht hätten und niemand hätte uns darauf hingewiesen, dass ein armenischer Stempel im Pass uns Schwierigkeiten bei der Einreise machen könnte.

Auch in Azerbaijan wirft der Winter lange Schatten – in der Sonne lässt sich der Frühstückskaffee noch gut genießen.

Irgendwann steht er auf, gibt uns die Hand und sagt „Welcome to Azerbaijan“. Zumindest in unseren Pässen gibt es jetzt Stempel von Azerbaijan und Armenien auf einer Seite! Trotzdem dauert es noch rund 2 Stunden bis alles erledigt ist.

Auf der Fahrt machen wir Station in einer etwas größeren Stadt, die einen sauberen und aufgeräumten Eindruck macht. Ich kaufe eine Simcard mit 5 Gigabyte zu einem annehmlichen Preis – aber bis ich aus dem Laden raus bin sind auch wieder 1,5 Stunden verstrichen. Auf der gut ausgebauten Landstraße dann ein Lichtblick: Wir tanken den Ranger mit 70 Litern Diesel voll und zahlen umgerechnet etwas mehr als 20  Euro, 30 Cent pro Liter.

Ein Imbiss direkt an der Straße

Fünf Kilometer später hält uns ein Polizist an und erklärt uns, dass Tempoüberschreitungen innerorts in Azerbaijan 2000 Manat kosten würden = 1000 Euro. Ich lass ihn mit spitzen Fingern in meiner Börse stöbern, aber mehr als einen 20 Manat-Schein findet er nicht, Dollar oder Euro sowieso nicht. „Very, very bad !“ sagt er immer wieder und ich bleib dabei, das ich nicht mehr habe. Irgendwann fischt er sich den einsamen Schein und winkt mir auszusteigen. Das war aber wirklich nach nun gut 20.000 Kilometer der erste Polizist, der in die eigene Tasche gearbeitet hat – und das nicht mal besonders erfolgreich.

Der “Kleine” Kaukasus zeigt sich von seiner schönsten Seite.

Auf der Suche nach einem Stellplatz können wir tief hängende Stromkabel nicht passieren – die Leute in der Straße juckt das nicht, auch nicht, dass wir gut 500 Meter rückwärts fahren müssen. In Georgien läuft sowas anders, da wäre das ganze Dorf auf den Beinen, um uns weiterzuhelfen.

Aber wir wollen nicht vorschnell urteilen nach den paar Stunden und richtig: Der nächste Tag sollte uns ein ganz anderes Azerbaijan zeigen. Wir machen uns nach einer ruhigen Nacht auf einer nicht allzu vermüllten Hochebene auf den Weg zu nächsten großen Stadt. Wir brauchen Geld, ich bin nicht sicher, ob wir eine Versicherung abgeschlossen haben für’s Auto und mal wieder in einem Cafe frühstücken wär ja nicht so schlecht.

Michel liebt das Reiseleben

Wir landen in einem sehr aufgeräumten Örtchen und passieren etwas, was wie ein Clubhaus des FC  Bayern München aussieht. Wir parken vor einem Restaurant namens „Annafeld“ und wundern uns schon gar nicht mehr über die kilometerlange und schnurgerade Hauptstraße mit recht einheitlichen Häuserformaten rechts und links der Fahrbahn: Das muss hier ein deutsches Dorf sein, so wie Marienfeld in Georgien. Und richtig: Ramis und Husein erzählen uns von den meterdicken Mauern dieser deutschen Häuser. Wir hatten die Brüder am Geldautomaten kennengelernt, als grad mal wieder nichts ging und wir dringend Hilfe brauchten. Ramis hat eine kleine Versicherungsagentur und konnte mir auch mit meinen Papieren weiterhelfen. Zusammen trinken wir im Annenfeld einen typischen azerbaijanischen Cai und erfahren viel über das uns noch so fremde Land. Über Korruption, Politik, die Hoffnungen der Jugend und das Verhältnis zu Armenien. Es tut mir in der Seele weh zu wissen, dass die netten jungen Leute, die wir in Armenien getroffen haben, sich mit den tollen Leuten aus Azerbaijan nicht vertragen könnten. Was, wenn sich mal über die Grenzen hinweg verliebt wird?

Wir fahren in Ramis 5er BMW zu einem Bazar und die beiden erklären uns, worauf wir beim Teppichkaufen in Azerbaijan achten müssen, und dass ein Teppich, der mehr als 1000 Manat (500 Euro) kosten soll, zumindest fliegen können muss. Das ist hilfreich für uns, denn wir wollen auf dem Markt in Baku einen großen Teppich für unser zukünftiges Wohnzimmer im Rheingau kaufen.

Wir fahren weiter Richtung Baku und finden einen tollen Stellplatz in einem Naturschutzgebiet. Die Landschaft ist eigentlich eine Seenplatte, durch die sich geschotterte Wege ziehen und zwar endlos weit, so dass man das Ende am Horizont nicht sehen kann. Sylvia will grad anfangen uns ein paar Bratkartoffel zu brutzeln, da hält ein roter Lada vor unserer Haustür. Yilderim stellt sich vor. Er war als Soldat in Dresden, und dass wir hier in der Wildnis im Auto schlafen würden kommt ihm nicht in die Tüte. Eigentlich werden wir nicht gefragt und folgen seinem 82-er Lada durch das Gewirr der Schotterpfade. Nach etwa 20 Kilometern landen wir vor seiner Haustür und sind absolut überrascht. Das ist hier zwar kein moderner Bauernhof, aber mit einem Stall voll Vieh hat sich die fleißige Familie einen bescheidenen Wohlstand aufgebaut. Das Haus ist riesig und unser Gästezimmer sieht aus wie Cinderellas Hochzeitsappartement.

Der Urgroßvater (94) wird von der ganzen Familie liebevoll und voller Respekt behandelt

Zu essen gibt’s gekochtes Huhn, das eine Stunde zuvor noch glücklich auf dem Mist gescharrt hatte, Yoghurtsuppe, Brot und saure Gurken. Mit den Männern leere ich eine Fasche Wodka und sehe mir Yilderims Fotoalbum an. Bei den Bildern aus seiner Militärzeit in Berg-Karabach stockt er und wird melancholisch. Niemand kehrt aus dem Krieg unversehrt zurück, dieser Spruch vom Heldendenkmal in Gori fällt mir wieder ein.

Der ein oder andere Wodka gehört in Azerbaijan zur Willkommenskultur

Am nächsten morgen verabschieden wir uns von den drei Generationen unter einem Dach, wieder voll beladen mit einer Tüte voller Granatäpfel, Zitronen, Äpfel, Birnen und einer großen Flasche Saft. Yilderims Schwester Sewa würde bei uns in jeder KFD-Karnevalsbütt Karriere machen – so eine Frohnatur! Sie empfiehlt uns nach Galaba zu fahren und über die Berge nach Baku, was wir dann auch machen.

Immer wieder faszinierende Ausblicke auf unglaubliche Mondlandschaften.

Auf einem netten Stellplatz an den Wasserfällen stellt sich uns Pervin vor: Der junge Mann spricht ein perfektes Deutsch und ist Guide für Touristen, die Azerbaijan besuchen.

Seine Daten:

Whatsapp +994 514 343 686
Instagram pervin.babayev

Ein sehr netter junger Mann, wenn also mal ein Guide für Azerbaijan gesucht wird…

Und immer wieder schön: Wachwerden, Kaffeekochen und die Sonne genießen

So langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, dass unsere Reise bald enden wird und ich weiß noch nicht, wie ich das bewerten soll. Ich freue mich auf Marocco und den anschließenden Heimweg, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich wieder ins Hamsterrad einsteigen werde. Man braucht so wenig…

An der holprigen Straße zum Wasserfall steht den ganzen Tag ein kleines, vielleicht 4-jähriges Mädchen. Immer wenn ein Auto kommt marschiert es mit seinen Blumenkränzen in den kleinen Händchen zur Straße und schaut die Vorbeifahrenden traurig mit ihren Kulleraugen an.

Wen das nicht rührt, den rührt nichts…

Wir halten an und geben ihr ein paar Manat und eine Tüte Süßigkeiten, aber es hat den Eindruck, als wisse sie gar nicht was sie da tut und dass sie gerade ein Geschäft gemacht hat. Die Szene rührt uns sehr, andererseits: Wir wissen nichts, nichts über sie, nichts über ihre Eltern und vor allem gar nichts über ihre Zukunft und das Glück ihrer Kindheit.

Brennende Felsen – Die gegend um Baku ist voller Ölquellen, Schlamm-Vulkane und austrendes Gas – das Gestein brennt hier seit tausenden von Jahren

Auf dem Weg nach Baku passieren wir wunderschöne Hochwälder, aber auch immer wieder trostloseste Mondlandschaften.

Von Wiederaufforstung keine Spur: Ölfeld vor Baku – das sieht hier zeitweise aus wie die Kulisse für einen Endzeit-Katastrophenfilm.

Die Hauptstadt Baku selbst zieht uns sofort in ihren Bann, aber wir werden ein paar Tage brauchen, bis wir das richtig einordnen können.

Wunderbares Baku – Die Hauptstadt Azerbaijans fasziniert uns vom ersten Moment an

Gestern haben wir auf einem Basar in einer dunklen Ecke einen interessanten Farbtupfer gefunden und einen interessanten Teppich entdeckt unter Planen, alten Decken und Plastiktüten. Wir handeln und kaufen das schöne Stück für 45 Euro. Wir lassen den reinigen für 10 Euro und machen ein Hammer-Schnäppchen, denn Teppiche dieser Art und Größe kosten selbst hier immer 200 bis 300 Euro. Später sind wir ins Teppichmuseum gegangen und der Besuch dort hat lehrt uns, wie widersinnig es ist, nach Azerbaijan zu kommen, um billige Teppiche einzukaufen. Es dauert Monate, so etwas herzustellen – da brauchen wir über Mindestlohn nicht zu reden. Wir kaufen auch noch einen Teppich zum regulären Preis, auch etwas aus Respekt vor der Kunst und dem Aufwand.

Teppichkunst – Kunstwerke wie dieses brauchen Jahre!

Die Hauptstadt hat uns voll für sich eingenommen und nur etwas halbherzig fragen wir, warum hier alles im Überfluss schwelgt, während die Leute auf dem Land hart arbeiten müssen und den ganzen Tag an der Straße stehen müssen um für ein paar Cent Granatäpfel zu verkaufen. Das ist ein mehr als krasses Missverhältnis. In Baku wimmelt es von teuren Autos, an der Hauptstraße gibt es eine Reihe von Top-Marken-Läden nur für Kinder und im Laden von “Young Versace” lädt der Gott Mammon die Zukunft der Stadt ein zu einem Catwalk auf handgeknüpfter Seide.

Apropos Gott: Azerbaijan ist laut Verfassung eine Islamische Republik. Als Tourist merkt man davon wenig bis gar nichts. Verschleierte Frauen sind Touristinnen, Alkohol ist überall frei verkäuflich und zumindest in Baku muss man die Ohren schon aufmerksam spitzen, um irgendwo einen Muezzin zu hören – kein Vergleich mit der Türkei. Und es macht auch keinen Eindruck, als sollte sich daran etwas ändern. Die Freundichkeit der Menschen ist – wie überall im Kaukasus – unermesslich. Familien klopfen an unsere Tür wünschen uns ein “Welcome in Baku!” und unser Hund wird auf den Flaniermeilen der Stadt mehrmals so heftig geherzt, dass wir Angst um seine Gesundheit haben.

Das Kaspische Meer – wir sind jetzt gut 6000 Kilometer von zu Hause weg.

Beim Blick auf das Kaspische Meer wird uns etwas melancholisch ums Reiseherz. Viel weiter hinaus in die Welt wird es für diesmal nicht gehen. Wir sind jetzt 6000 Kilometer von zu Hause weg. Allein zum nächsten Etappenziel Adana in der Türkei sind es fast 2500 Kilometer. Zu wissen, dass es bald in Richtung Heimat geht ist ein komisches Gefühl, denn uns (zumindest mir) fehlt gerade nichts.

Wir sind jetzt 6 Tage in Baku. Das Auto steht auf dem Parkplatz der Caspian Sea Mall. Hier wird quasi auf der grünen Wiese die ganze Wundereinkaufswelt noch einmal abgebildet. Menschen, die wir darauf ansprechen sind stolz, stolzer auf ihre Hochhäuser als auf ihre Geschichte.

Das nehmen wir mal so hin, denn genau wie wir im Westen haben sich die Menschen aus Baku ihr Stück Wohlstand geschnappt und werden es für keine Moral der Welt wieder aufgeben. Insofern ist Baku der unserer Heimat wohl am ähnlichsten wirkende Platz den wir auf unserer Reise finden konnten. Hier würde selbst der verwöhnteste deutsche Teenager keinen Mangel an gar nichts leiden.

Wir könnten noch länger bleiben, aber wir sollten den 28. rum in Tiflis sein. Das Leben hier ist noch einigermaßen zu finanzieren – wir gehen Frühstücken und abends ins Restaurant. Dabei geben wir inklusive Museumseintritte, Taxi etc. nicht mehr als 35 Euro/Tag aus. Das ist vergleichbar mit Jerewan – aber auf einem ganz anderen Niveau.

Jetzt müssen wir uns doch etwas beeilen, weil wir ohne Registrierung bei der Migrationsbehörde nur 15 Tage in Azerbaijan bleiben dürfen. Auf dem Weg zum Shirwan-Nationalpark bekomme ich arge Probleme mit dem 5-spurigen Kreisverkehr in Baku und übersehe eine Stopp-Linie. Sofort werden wir herausgewunken und es wird ein Busgeld in höhe von umgerechnet 30 Euro fällig. Während ich mich so ärgere tippt der Polizist unendlich in sein Handy. Er zeigt mir den Google-Übersetzer und winkt mich wieder in den Kreisverkehrchaos ein: “Touristen zahlen heute keine Strafmandate!” Solche kleinen Nettigkeiten reihen sich wie Perlen an der Kette in Azerbaijan. Es ist nicht so die überbordende Hilfsbereitschaft, aber immer steht irgendwo eine nette Seele, die einem weiterhilft oder mal ein Auge zudrückt.

Im Nationalpark fahren wir rund 100 Kilometer Offroad-Piste. Unser liebste App “I-Overlander” warnt, dass man hier “Mud-Experiance” benötigt, aber unser Ranger meistert das sauber, ohne dass ich Allrad zuschalten muss. Im Gelände muss man drauf achten, dass man nicht zu langsam fährt, denn dann schaukelt sich die Kabine mächtig auf. Später am Ausgang erklärt uns der Guide, dass es immer wieder Probleme mit Touristen gibt, die im Park geborgen werden müssen – entweder weil das Auto feststeckt oder weil sie sich verlaufen. Ich hatte unseren Park-Ranger immer per whatsapp informiert, wo wir stehen, damit er sich keine Sorgen um seine einzigen Gäste machen musste.

Sonnenuntergang über dem einsamsten Strand Azerbaijans, rund 30 Kilometer von der nächsten Behausung entfernt – während in Baku für jeden Park-Quadratmeter ein Gärtner zuständig ist spült das Kaspische Meer hier den Müll an und weil es niemand wegräumt wird es immer mehr.

Im Park beeindrucken uns vor allem die “Seasides”, also die völlig unberührten Strandabschnitte. Allerdings: Unberührt heißt auch, dass hier niemand den Müll wegräumt, den das vielbefahrene Kaspische Meer anschwemmt. Müll ist auf unsere Reise ein grenzüberschreitendes und allgegenwärtiges Thema. Was nutzt es, dass in Baku jedes Herbstblatt weggekehrt wird, während nur 10 Kilometer weiter draußen fasst an jedem Zweig eine Folie flattert.

Im Shirvan-Nationalpark haben wir die bislang schönsten Stellplätze gefunden.

Themawechsel: Im Park sehen wir unzählige Antilopen und einen echten Coyoten. Michel ist wie von Sinnen und nimmt sofort Fährten auf.

Gazelle in der Bildmitte – näher kam ich nicht ran.

Wir schreien fast eine Stunde herum, bevor er wieder auftaucht. Den Coyoten hat er zum Glück nicht gefunden. Der sah aus wie ein Fuchs im Schäferhundformat und hätte unser Schoßhündchen sicher “erledigt”.

Unglaubliche Landschaften im Shirwan-Nationalpark – im Hintergrund das Kaspische Meer.

Als wir den Park verlassen ist es schon dunkel und wieder bestätigt sich der wichtigste Tipp aller Kaukasus-Reiseführer: “Fahre niemals im Dunkeln!” Man sieht einfach nichts, teils, weil es keine Straßenlampen gibt, teils weil keine Fahrbahnmarkiererungen sichtbar sind. Wir erreichen glücklich das leider verschlossene Tor zum Gobustan-Nationalpark und machen es uns im Camper gemütlich.

Der Gobustan-Nationalpark ist dank der über 6000 hier katalogisierten prähistorischen Bilder ein UNESCO-Weltkulturerbe

Gobustan an erweist sich am nächsten Tag als sehr interessantes Ziel für einen Tagesausflug, aber es ist einfach zu kalt und zu nass, sodass wir uns auf den Weg in den Norden machen. Wir entscheiden uns zur alten Seidenstraße-Handelsmetropole Sheiki zu fahren – ohne zu wissen, dass uns hier eine über 50 Kilometer lange Baustellenpiste erwartet. Kurz vor dem Ziel verabschiedet sich dann einer der Hinterreifen und ich merke schnell, dass man 3,5 Tonnen nicht mit einem serienmäßigen Wagenheber stemmen kann. Ein azerbaijanischer Freund ruft telefonisch Hilfe herbei und der Besitzer einer Reifenwerkstatt kümmert sich persönlich um den Fall, der sich als deutlich schwieriger herausstellt, als er in seiner anfänglichen Zuversicht angenommen hatte. Irgendwann passt es aber doch und wir zahlen knapp 40 Euro für die Rettung aus der Not.

Gobustan ist für die Schlammvulkane berühmt und von Touristen überlaufen – diese hier hatten wir im Shivan-Nationalpark für uns allein.

Auf unserem Stellplatz geht uns nach 20 Minuten endgültig das Gas aus und wir verbringen bei Minus 6 Grad eine kalte Nacht. Am nächsten Morgen versaut mir die Aussicht auf eine neuerliche Baustellen-Passage die Laune. Googlemaps zeigt mir keinen anderen Weg zur Grenze an und es sieht so aus, als müssten wir diese Horrorstrecke wieder zurückfahren. Wir hören uns im Dorf um und erfahren, dass es 100 Kilometer entfernt von hier einen Übergang gibt.

Man lernt hier zu vertrauen, denn wir machen uns auf den Weg, ohne das weiter nachzuprüfen. Zum Glück geht alles gut und wir passieren recht stressfrei eine Grenze im äußersten Norden in der Nähe des georgischen Sighniagi, wo wir am Kloster des Hl. Nino übernachten wollen. Bei einer unüberlegten Ausparkaktion reiße ich mir die Markise ab un der Tag wird dann noch von einem unfreundlichen Parkwächter gekrönt der meint, ich dürfe am Kloster nicht stehen.

Unser Michel ist und bleibt ein absolut problemloser Reisebegleiter.
Saubermachen und weiterfahren – meist blibt von Problemen nur eine vage Erinnerung über…

Aber sowas wirft einen nach 8 Monaten echt nicht mehr um. Die Markise ist heile geblieben und muss nur wieder in die Schiene geschoben werden und ein alternativer Parkplatz ist auch schnell gefunden. Die noch in Azerbaijan aufgefüllten Gasvorräte treiben unsere Heizung zu Höchstleistungen an und es wird doch noch ganz gemütlich bei unserem Abschied von Azerbaijan. Wir reden noch lange über die Qualität von Katastrophen und das Zeit, Geld, Zuversicht und gute Freunde eigentlich immer alles regeln – oder Gottes Führung – wie Sylvia sicher ist.

Architektur-Wechsel: Kurz vor der georgischen Grenze werden die Gotteshäuser wieder christlicher.

Am nächsten morgen brechen wir nach Tiflis auf, wo wir für einen Monat ein großes Appartement gemietet haben.

Selbst im tiefsten Winter im hintersten Winkel Azerbaijans treffen sich Overlander zum schnellen Erfahrungsaustausch.

Wir nehmen Abschied von Azerbaijan – das Land hat uns tief beeindruckt. In vielerlei Beziehung. Aber so richtig “warm” sind wir hier nicht geworden. In Baku wird der Charme einer lebendigen Metropole mit viel zu vielen Besen weggekehrt und man hat nicht den Eindruck, als entwickele sich hier ein kaukasischer Vorzeigestaat – obwohl genügend Geld vorhanden ist. Die Menschen sind nicht wirklich frei – soweit wir das beurteilen können. Die Islamische Republik wird aber nicht vom Glauben ausgebremst, davon ist hier nicht viel zu spüren.

Weltkulturerbe Gobustan: Als hätten die Götter Mikado gespielt und die ersten Menschen jeden Stein beschriftet

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