Als ich damals meinen T6 Westfalia beim freundlichen Wohnkabinenhändler in Zahlung geben wollte, winkte der nur ab: “Dafür hab ich hier nicht das Publikum!” Wieso, dachte ich, Wohnmobil ist Wohnmobil. Heute ist 5 Monate später, ich habe mich etwas mit der Thematik auseinandergesetzt und habe feststellen müssen: Es gibt nur zwei Arten von Nutzern: Die einen, das sind die Kapitäne der Landstraße in ihren weißen Dampfern, die anderen, das sind die Piraten. Sicher hat so mancher Dickschiff-Kommandant eine schwarze Seele und genauso sicher ist mancher Pirat ein absolutes Stellplatz-Weichei, aber in einem unterscheiden sich beide Gruppen ganz wesentlich: Die einen fahren Wohnmobil, die anderen was anderes…
Das steckt tief in einem drin und bevor man nicht weiß, welchen Stempel Gott der Herr oder die Evolutuion einem aufgedrückt hat, vorher sollte man nicht viel Geld in eventuell die falsche Wahl investieren.
Ich war Pirat, das war mir von Anfang an klar, nur wusste ich nicht, mit was der Outlaw von heute in der knapp bemessenen Ferienzeit unterwegs ist. Eins war klar: Hymer und Co mit voll- oder teilintegrierten Reisesalons, das war nix für uns. Also die Alternative Nr. 1: Der Kastenwagen – da brauchte ich drei Jahre zur Erkenntnis, dass man sich da die coolsten Sachen auf den Träger packen kann, die Plätze für die coolen Leute bleiben trotzdem immer belegt. Lieferwagen bleibt Lieferwagen.
Die coolen Leute, das waren die Millionen von VW-Bus-Campern, die das auf dem Gaskocher vor dem Auto ihre Dosen erhitzten. Diesmal brauchte ich nicht mal ein Jahr um zu erkennen, warum die immer draußen sitzen: Weil drinnen nun mal für gar nix Platz ist, wo’s eigentlich Platz zum Leben bräuchte. Bulli-Fahren ist die Verwirklichung eines Traums, für den es bessere Autos gibt.
Dann gab es diesen magischen Moment, als wir 2018 zufällig auf dem traditionellen Treffen der Wohnkabinenfreunde am Kloster Andechs landeten. Wir sind da schnell abgehauen, weil wir da mit unserem schneeweißen Schmuck-Westfalia hockten wie die Prinzessin auf der Erbse, aber es blieb grad noch Zeit genug, in den Gesichtern all der Franken (Wohnkabinenfahrer waren damals alle Franken, so schien es uns) diese gewisse Lässigkeit zu erkennen, der wir seit Jahren vergeblich nachspürten. Da geht es um die Zufriedenheit im Blick, wenn der Cowboy weiß: “Das ist ein gutes Pferd!” – und auch das Pferd weiß das und es entsteht diese tiefe Verbundenheit. Gut, ob mich jetzt mental irgendwas mit dem Ranger verbindet oder ob der überhaupt was spürt – da kann man sich streiten. Ich spür’s auf jeden Fall.
Da geht’s um Sympathie: Man kann das auf Campingmessen ganz gut sehen: Da schlawenzeln die zukünftigen Kapitäne der Landstraße um die neuesten Modelle herum und sind angetan von großen Heckgaragen, Hubraum für Bett und Motor und von computergesteuerten Stützsystemen, die dafür sorgen, dass der Thermomix immer in Waage steht…
Am Ende der letzten Halle gab es den einzigen Wohnkabinen-Hersteller der Show (diesmal die Campingmesse in Essen Ende Februar 2019). Da steht dann ein Auto, das durch meterhohes Wasser fahren kann. Ob auf der Flucht oder nur zum Vergnügen – solche Details faszinieren jeden Mann, der den Jäger noch in seinen Genen trägt. Ob eine Winchester am Sattel wichtig ist – fragen Sie einen Cowboy, nicht Ihren Versicherungsvertreter.
Auf der Messe fällt in der Wohnkabinenecke sehr oft der Satz “Ist das cool”, eher seltener die Frage: “Wie lang ist der denn?” und “Wie viele Liter hat der Kühlschrank?” – denn den braucht’s nicht, weil das geschossene Wild ja sofort gegessen wird – roh idealerweise, zusammen mit den neuen Eskimofreunden. “Warum ist die denn die Gasflasche so klein?” – Weil Platz für Feuerholz sein muss. Und überhaupt: Kompressoren gehören unter die Motorhaube, nicht in den Kühlschrank. Was ist ein 4 Zylinder-Fiat gegen einen 6-Zylinder Ford? Und womit punktet man eher bei den Damen – Allrad oder Fußbodenheizung? Leider geht dieser Punkt dann doch an die Wohnwagenfraktion.
Scheiss was auf Crossover: Die Wohnkabine passt sich nicht dem Mainstream an, Chuck Norris macht das ja auch nicht…Und wenn die Matratze zu hart ist, dann kauf ich mir ‘nen kuscheliggen Topper bei IKEA – Probleme sind zum Lösen da. Wohnmobile, die zu 100 % problemgelöst geliefert werden, haben keine Seele.
Gut, man weiß jetzt, warum ich Wohnkabine + 200 PS-Geländewagen fahre, obwohl ich seit Geburt “Grün” wähle. Ob ich mir dabei albern vorkomme? Nein, denn die richtige Wahl zu treffen ist niemals albern. Ich gehör halt gern zu den Coolen – some things never change! Und zu wissen, dass kein Fluss zu tief und kein Pfad zu steil ist für mich und meinen Ranger gibt ein gutes Gefühl, auch wenn mir der Asphalt auf ewig der liebste Grund bleibt. Ich könnte halt , wenn ich wollte…